Thema Klima, Energie und solidarische Stadt

Der Klimawandel und Klimagerechtigkeit

Die Ergebnisse der Klimaforscher zeigen es deutlich: Das Klima ändert sich seit Jahrzehnten, stärker als in Jahrtausenden zuvor. Die zunehmende Erwärmung der Atmosphäre ist menschengemacht und gefährlich. Denn viel zu viel CO₂ entsteht durch Verbrennung von Kohle, Öl und Gas sowie durch Brandrodung. Und Methan, ein besonders wirksames Treibhausgas, wird z.B. bei der Trockenleghung von Mooren, in der Massentierhaltung und durch Abfallentsorgung produziert. Durch die Erwärmung steigt der Meeres­spiegel an, schon jetzt sind Küsten und Inseln von Überflutungen betroffen. Stürme nehmen zu, im Süden die Dürre, ganze Ökosysteme ver­än­dern sich.

Klimawandel ist globale Ungerechtig­keit: Der hohe Energie­ver­brauch in den nördlichen Industrie­ländern – auch bei uns – hat zum Treibhaus­effekt geführt. Die sowieso benachteiligten Menschen im Süden leiden besonders darunter. Globale Klimagerechtigkeit heißt: Alle Menschen haben ein Recht auf gutes Leben, nicht einige wenige ein Recht auf Luxus. Global gerecht und umweltverträglich wäre es, wenn jeder Mensch ca. 2 Tonnen CO₂ pro Jahr emittiert (nicht 11 Tonnen, wie wir heute).

Die gefährlichsten Folgen des Klima­wandels lassen sich nach heutiger Kenntnis abwenden, wenn der CO2-Ausstoß der Industrieländer bis 2020 um 50%, bis 2050 um mindestens 95% gesenkt wird (im Vergleich zu 1990). Diese Ziele können erreicht werden, aber nur durch mehrere große Projekte gleichzeitig. Dazu gehört unbedingt die Energie­wende weg von Kohle, Öl und Atom, Energie­einsparung, Transfer um­welt­freund­licher Technologien an südliche Länder, eine Änderung unseres Produktions- und Konsumniveaus und eine solidarische Mobilität.

Energiewende und Energiedemokratie

Die Energiewende in der Bundesrepublik hat begonnen. Der aktuelle Primärenergie-Mix hier (für Strom, Wärme und Mobilität) besteht aus Mineralöl zu einem Drittel, Kohle und Gas zu je 20 Prozent, Atomkraft und EE zu je 10 Prozent. Im Strommix sind bereits jetzt 20 Prozent EE enthalten. Gegen etliche geplante Kohlekraftwerke gab es erfolgreichen Widerstand. Die Anti-Atom-Bewegung erzwang 2011 den (zunächst „halben“) Atomausstieg. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) führte zu einem erheblichen Ausbau dezentraler EE in Städten und Regionen, zu bisher 400.000 Arbeitsplätzen und hoher kommunaler Wertschöpfung.

Aber wie ist die globale Energiewende schnell genug machbar? Und wie kann die Energiewende bei uns so gelingen, dass sie nicht wiederum ein ressourcenintensives Luxusprojekt wird, die „letzte Party“ des nördlichen Lebensstils? Konzepte zur Energiewende müssen global verallgemeinerbar sein, sozialen Rechten und der Klima – und Ressourcengerechtigkeit entsprechen. Klimagerechtigkeit, Klimaschutz und Energiewende hinterfragen deshalb immer auch unsere industrielle Produktion und unsere Lebensweise. Dieses Umdenken führt zu Fragen der Verteilungsgerechtigkeit und der Suffizienz, gesellschaftspolitisch verstanden: „Was ist genug, damit alle gut leben können?“

Klimaschutz in Osnabrück

Klimaschutz wird auch gerade in den Städten konkret. Hier sind Hebel zur Beeinflussung der Energieversorgung, des Energieverbrauchs und der Verkehrspolitik. Hier werden soziale und ökologische Fragen zusammengedacht. Globale Klimagerechtigkeit bekommt durch Städtepartnerschaften ein Gesicht. BürgerInnen werden für die demokratische Planung von Klimaschutz selbst aktiv.

Osnabrück ist Anfang der Neunzigerjahre dem Klima-Bündnis der Städte beigetreten, schon damals motiviert durch das Ziel der Klimagerechtigkeit. In der Stadt gibt es seitdem eine vielfältige Szene von Klimaschutz-Akteuren, eine fortgeschriebene CO₂-Bilanzierung, engagierte Verwaltungsarbeit und gute Einzelprojekte. Aber es gibt bisher keinen zusammenhängenden und mutigen Klimaschutzplan. Um mit konkreten Schritten die dringend nötigen Ziele zu erreichen, muss Klimaschutz jetzt zum gemeinsamen Projekt der Bürgerschaft werden

Die Osnabrücker Klimaallianz begann deshalb 2011 das partizipative Klimastadt-Projekt. Auf dieser Grundlage entstand 2012 der Reader „Auf dem Weg zur Klimastadt“, eine Informationsbroschüre und gleichzeiti ein klima- und energiepolitisches Positionspapier von rund 25 Organisationen. Seit Sommer 2012 ist Osnabrück nun eine der Modellstädte im Rahmen des Förderprogramms „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“ und wird dazu kooperieren mit dem Landkreis Osnabrück, der Stadt Rheine und dem Kreis Steinfurt. Das ist eine große Chance für die sowieso nötige sozialökologische Stadtentwicklung.

Ziele, Rahmen und Akteure

Dazu gehört ein zuverlässiger politischer Rückhalt durch den Rat der Stadt, die langfristige personelle Ausstattung und Kompetenz der Verwaltung, ein politisch unabhängiger fachlicher Beirat unter bürgerschaftlicher Beteiligung und Strukturen zur Kooperation in der Region. Klimaschutz braucht Engagement und aktive Beteiligung der BürgerInnen, Bildungs – und Öffentlichkeitsarbeit, die Einbeziehung von Wirtschaft und Wissenschaft sowie eine weiterhin sehr aktive Rolle der Stadtwerke und Beteiligungsgesellschaften. Schließlich sind Förder- und Finanzierungsinstrumente für die Umsetzung erforderlich.

Ein integriertes Klimaschutzkonzept umfasst alle auf dieser Page genannten Handlungsfelder. Zwanzig Jahre nach Rio, ein Jahr nach Fukushima macht sich die Stadt wieder auf den Weg.

Mehr zum Thema finden Sie im O.K.-Reader „Auf dem Weg zur Klimastadt“ – in der Einleitung und im Kapitel 1

Weitere Infos

→ Das Klimasstadt-Projekt 2011